Geschichte des Bestandsbildners / Historical note of the creator:
Prof. Albert Schulze Vellinghausen = A.S.V (1905-1967)
Pseudonyme: Lambert Einhaus, Friedrich Zephir, C 4, Lynkeus
ASV gründete nach einem Studium der Rechtswissenschaft, Kunstgeschichte und Archäologie (seit 1926) die "Bücherstube am Dom" in Köln. 1949 bis 1953 arbeitete er als Theaterkritiker für den Düsseldorfer "Mittag", seit 1953 war er als Kritiker der FAZ tätig. Bereits in der "Bücherstuben"-Zeit unterstützte er von den Nationalsozialisten ausgegrenzte Künstler durch Ankäufe. Im Nachkriegsdeutschland hat er sich als Sammler und Kritiker in außergewöhnlicher Weise für die kulturelle Entwicklung des Ruhrgebiets eingesetzt. Er begleitete die 1948 in Recklinghausen gegründete Künstlergruppe "junger westen", zu der Künstler wie Emil Schumacher, H.A.P. Grieshaber, Thomas Grochowiak, Heinrich Siepmann und Fritz Winter zählen. Er führte Eugène Ionesco und Jean-Paul Sartre in Deutschland ein und engagierte sich als Theaterkritiker für das Bochumer Theater und die Ruhrfestspiele in Recklinghausen. 1964 bis 1967 stellte er seine Kunstsammlung in dem geerbten Haus Kley in Dortmund aus, einem Ort, den er nicht nur bewohnte, sondern auch als einen öffentlichen Raum für Theater, Kunst, Literatur und Musik nutzte. 1965 wurde ihm der Professorentitel verliehen. Nach seinem Tod vermachte er seine Kunstsammlung dem Kunsthistorischen Institut der Ruhr-Universität Bochum.
Biografie:
Friedrich Heinrich Albert Schulze Vellinghausen wurde am 30. Mai 1905 in Bochum-Werne in eine Familie der "Ruhraristokratie" geboren. Sein Vater war Bergwerksdirektor, die Mutter verfügte über landwirtschaftlichen Grundbesitz.
Ab 1924 studierte er Jura und französische Linguistik in Genf, später in Freiburg, München und Köln; 1926 wechselte er zu Kunstgeschichte und Archäologie bzw. Kunstgeschichte, Geschichte und Philosophie (die Angaben hierzu variieren). In Bonn war er Schüler von Paul Clemen und Wilhelm Worringer, in Wien studierte er bei Julius von Schlosser. Der Kontakt mit jenen Lehrern und weiteren Persönlichkeiten, etwa Ernst Robert Curtius, und zahlreichen Künstlern sowie Schriftstellern prägten ihn nachhaltig. Nach seinem Studium ging er zuächst nach Berlin und Wien, Anfang der 30er Jahre nach Köln. Dort war er Mitgründer bzw. Teilhaber der Bücherstube am Dom. Während der NS-Zeit ab 1932/33 und der Kriegsjahre arbeitete er als Buchhändler. Im Sommer 1940 wurde er zum Kriegsdienst eingezogen. Da nicht kriegstauglich, kämpfte Schulze Vellinghausen jedoch nie an der Front, sondern war als Dolmetscher in einem Gefangenenlager nördlich von Recklinghausen eingesetzt. Sein privater Wohnsitz war zu dieser Zeit der Paulinenhof in der Nähe von Hervest-Dorsten. Im Juli 1944 heiratete ASV die Künstlerin Marie Luise von Rogister.
Schulze Vellinghausen begann zwar recht früh mit dem Schreiben - er verfaßte kurze Erzählungen, schwankhafte Theaterstücke für Feiern im Freundes- und Familienkreis, vor allem aber Gedichte - veröffentlichte jedoch keines dieser Werke. Erst ab 1947 begann er, journalistisch für die Züricher Tat und den Berliner Kurier zu arbeiten. In den Jahren zwischen 1949 und 1953 war er als Theaterkritiker des Düsseldorfer Mittag tätig, und ab 1953 schrieb er als Kulturreferent für Nordrhein-Westfalen bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, und es waren die in dieser Funktion verfaßten Kritiken, die seinen Ruf begründen. Zu den regelmäßigen Beiträgen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung traten seit den 60er Jahren verstärkt Eröffnungsreden und Katalogtexte zu Ausstellungen moderner und junger, deutscher und internationaler Kunst hinzu.
Ab 1964 wohnte ASV auf dem von der Mutter ererbten Gutshof Kley bei Dortmund; hier baute er seine persönliche Kunstsammlung auf, die er später als kleines Museum zugänglich machte und im Jahr 1967 der Ruhr-Universität Bochum stiftete.
1965 wurde ihm anlässlich seines 60. Geburtstages durch den Kultusminister von Nordrhein-Westfalen der Professorentitel verliehen - gewissermaßen als Würdigung für sein Gesamtwerk. Im selben Jahr wurde er auch in den PEN-Club aufgenommen; außerdem war er Mitglied der Internationalen Kunstkritikervereinigung AICA (Association Internationale des Critiques d'Art). ASV, der sich trotz einer Herzkrankheit nicht schonte, sondern beständig weiterarbeitete, starb am 23. Mai 1967 in Dortmund.
Schulze Vellinghausen hat nur wenige eigenständige Buchpublikationen hinterlassen: abgesehen von vereinzelten monographischen Beiträgen u.a. über Maria Wimmer, Hann Trier und Walter Linck entstanden aus der Fülle von Artikeln lediglich die Zusammenstellung Theaterkritik 1952-1960 und ein Kompendium. Seine Schriften zur Kunst, Anspielungen - 7000 Jahre Kunst spiegeln sich in Reden, Kritiken und Aufsätzen wider. Außerdem war er Mitherausgeber des Bandes Der Junge Westen - Deutsche Kunst nach Willi Baumeister.
Eigene Publikationen:
"Anspielungen - Ausgewählte Reden, Aufsätze, Kritiken zur bildenden Kunst, Literatur, Archtitektur etc." (Friedrich Verlag, 1962)
Umfang und Inhalt / Scope and content:
Inhalt:
Der Bestand stellt sich in vielerlei Hinsicht einzigartig dar, denn es finden sich nicht nur Akten zur Kunstgeschichte sondern auch zur Literatur-, Musik- und Theatergeschichte. Gepaart mit interessanten Aspekten der Zeitgeschichte spiegeln sie die kulturelle Vielfalt im Leben von Albert Schulze Vellinghausen wider.
Den größten und bedeutendsten Teil des Bestandes macht die Korrespondenz Albert Schulze Vellinghausens aus. Es sind wichtige Künstlerbriefe erhalten, teilweise mit Originalzeichnungen oder Drucken. Über die Korrespondenz lassen sich seine Kontakte zu Galerien und Museen nachweisen. Anhand des überlieferten Fotomaterials eröffnen sich Einblicke in die Tätigkeit Albert Schulze Vellinghausens als Redner bei Ausstellungseröffnungen in Galerien und anderen Institutionen. Sein Engagement für die documenta wird deutlich und sein Umgang mit KunstkritikerInnen im Inn- und Ausland. Die Entstehung seiner Sammlung lässt sich anhand der Akten ebenfalls nachvollziehen.
Die journalistischen Aktivitäten Albert Schulze Vellinghausens sind durch die komplett überlieferten Zeitungsartikel erfasst. Die umfassende Handbibliothek und die fotografische Dokumentation der Artikel ermöglichen Einblicke in seine Arbeitsweise. Das Buchhandels-, Verlags- und Zeitungswesen macht einen wichtigen Teil dieses extraordinären Archivbestands aus (z.B. Korrespondenz mit der Bücherstube oder der Redaktion der FAZ).
Sein Kontakt mit Bühnen und SchauspielerInnen seiner Zeit war intensiv und so finden sich viele Briefe und Materialien aus dem Theaterbereich im Bestand. Albert Schulze Vellinghausen's literarische Ambitionen lassen sich an einzelnen Gedichts- und Textentwürfen nachvollziehen.
Da Albert Schulze Vellinghausen der so genannten Ruhraristokratie angehörte, beinhaltet der Bestand Zeugnisse aus Deutschen Adelshäusern und Korrespondenz mit den unterschiedlichen Botschaften. Darüber hinaus findet sich beeindruckende private Korrespondenz, die in den Kosmos ASV und in seine Zeit einführt. Der Bestand beinhaltet private Dokumente wie seine Geburtsanzeige, Reisepässe oder Sterbeurkunde, sowie Dokumente zur Hochzeit seiner Eltern.
Der Bestand beinhaltet auch das Testament von Albert Schulze Vellinghausen und reichhaltige Unterlagen zur Testamentsvollstreckung.
Zustand:
Ein großer Teil der frühen Korrespondenz an Albert Schulze Vellinghausen ist handschriftlich verfasst und damit besonders zu schützen. Vor allem die Durchschriften der Briefe von Albert Schulze Vellinghausen sind in einem bedenklichen Zustand. Auch die Zeitungsartikel sind teils brüchig. Deshalb ist der Bestand komplett digital erfasst.
Systematisierung / Arrangement:
Systematik:
Der Bestand präsentiert sich nicht homogen. Die Korrespondenz ist meist nicht nach privatem und geschäftlichem Schriftwechsel getrennt. So befanden sich vor allem in den 1940er Jahren Briefe der Mutter neben dem Briefwechsel mit der Bücherstube oder später mit Künstlern wie Ewald Mataré. Um das Provenienzprinzip nicht zu durchbrechen, ist die Sortierung jedoch weitestgehend beibehalten worden. Um den Umgang mit den Archivalien zu erleichtern, sind die Akten teilweise umgebettet worden. Die wichtigsten und umfassendsten Künstlerkorrespondenzen sind nun in einzelnen Akten archiviert (siehe V, 23-26).
Die Korrespondenz ist meist nach Jahren geordnet und nach Schriftwechsel von und an ASV. Diese Logik wird jedoch gelegentlich durchbrochen und es finden sich auch Anschreiben und Antwortbrief in einer Akte. Teilweise beinhaltet eine Akte den Briefwechsel mit einer oder mehreren Personen, der sich thematisch auf einen Sachverhalt bezieht und sich über Jahre erstrecken kann.